Erinnerung an Merch Dapunt
Ein Denkmal für den Widerstand im Gadertal

Ende November wurde in Abtei im Gadertal ein Denkmal für Merch Dapunt eingeweiht, der 1944 von den Nationalsozialisten hingerichtet worden ist. Das Ortszentrum von San Linert (St. Leonhard in Abtei) wurde umgestaltet und mit einer Skulptur von Lois Anvidalfarei versehen. Auch der Platz selbst wurde unbenannt und trägt nun den Namen Plaza Merch Dapunt.
Vergessene Erinnerung
Es ist dem jungen Historiker Michael Messner aus Brixen zu verdanken, dass das Schicksal von Merch Dapunt endlich wissenschaftlich aufgearbeitet und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Der Titel seiner Magisterarbeit, eingereicht 2023 an der Universität Innsbruck, lautete „Die ungehorsamen Badiotten“ und behandelte das Thema der Wehrdienstentziehung im Zweiten Weltkrieg am Beispiel des Gader- und des Fersentals. Anlässlich der feierlichen Einweihung des umgestalteten Platzes hat Michael Messner nun ein dreisprachiges Buch herausgebracht, das Dapunts Leben und sein Opfer würdigt. Nicht nur eine akademische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit will das Werk sein, sondern auch ein Appell an unsere Gegenwart: „In einer Zeit, in der Werte und Tugenden zunehmend schwerer durchzusetzen sind“, schreibt Messner, „in einer Zeit, in der Desinteresse und Indifferenz von vielen – besonders Jugendlichen und jungen Erwachsenen – über die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs geteilt werden. In solchen Zeiten ist es entscheidend, nicht zu vergessen.“
Der Mensch Merch Dapunt
Merch Dapunt wurde am 24. März 1923 als siebtes Kind einer Bergbauernfamilie in Abtei geboren. Seine Kindheit war geprägt von harter Arbeit und zahlreichen Entbehrungen – der katholische Glaube war allgegenwärtig und hatte einen großen Einfluss auf den Alltag der Bevölkerung. Nur wenige Monate vor der Geburt des kleinen Merch war Benito Mussolini zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Für den Faschismus war die ladinischsprachige Bevölkerung ein „grauer Fleck“, schreibt Messner, den es zu italienisieren galt. Im Zuge der sogenannten Option von 1939 entschied sich Familie Dapunt für die Beibehaltung der italienischen Staatsbürgerschaft. Mit gerade mal 18 Jahren wurde Merch zum italienischen Heer einberufen und an die Front nach Jugoslawien geschickt, von wo er nach der Kapitulation der Faschisten 1943 ins Gadertal zurückkehrte. Doch die Ruhe währte nicht lang, denn im September desselben Jahres besetzten deutsche Truppen den Nordosten Italiens und zogen selbst Dableiber zur Wehrmacht ein: ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht. Weil er den Führereid nicht ablegen wollte, floh Merch Dapunt aus der Kaserne, wurde aber bald aufgegriffen und vor ein NS-Kriegsgericht gestellt. Das Todesurteil durch Erschießen wurde am 29. August 1944 in Schlanders vollstreckt.
Der Erinnerungsort
Der Platz in Abtei fungiert als „Denk-Platz“ und als „Mahn-Ort“, der sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzt. Da wäre zum einen ein Brunnen aus Grödner Porphyr, aus dem ein Wasserlauf entspringt, der einige Meter weiter im Boden versickert. Genauso wie im wahren Leben, wissen wir nicht, wohin seine Reise geht. Abgerundet wird das Ensemble vom überlebensgroßen Arm von Lois Anvidalfarei. Die Bronzeskulptur des Gadertaler Künstlers setzt ein Zeichen, sie schreibt sich ein in die Geschichte des Tales und seiner Leute. Die Vergangenheit wiegt schwer und dennoch schwebt die Hand leicht über dem Boden, zart und friedlich. Autorin Roberta Dapunt hat dazu ein Gedicht verfasst, das auf einer Tafel in drei Sprachen am Platz aufgestellt wurde: „Wasser fließt und Zeit vergeht, Wahrheit ist uns die Geschichte / Sei hier und heute gewahr, gut zu handeln / zusammen werden wir zufriedene Geschichte schreiben“.
[Adina Guarnieri]

















