Zur bekanntesten Musik überhaupt zählen die Melodien der Musikerfamilie Strauß. Alljährlich sitzen Millionen von Zuschauern vor den Bildschirmen, wenn die Wiener Philharmoniker zum Neujahrskonzert laden. Doch auch in Südtirol kann man Walzer und Co. live erleben: mit dem Damensalonorchester „La Valse“. In diesem Herbst feiert das außergewöhnliche Ensemble sein 20-jähriges Bestehen.
Sechs Damen haben sich dem populären Repertoire des Walzerkönigs Strauß und anderer Wiener Komponisten seiner Zeit verschrieben. Die Besetzung mit zwei Geigen (Birgit Winkler und Sylvia Lanz), Cello (Giorgia Postinghel), Querflöte (Anna Toró), Klarinette (Sibylle Finatzer) und Klavier (Gretl Pohl) ist die kleinste tragfähige, mit der die Wiener Tanzmusik zu Gehör gebracht werden kann. Akustisch muss man dabei im Verhältnis zu den großen Orchestern keinen Abstrich machen: Genauso schmeichelnd, wiegend oder schwungvoll kommt die Musik daher. Dabei kann es schon mal vorkommen, dass die Musikerinnen Passagen aus den Stimmen von Trompete, Horn, Posaune, Oboe oder Kontrabass umschreiben und einbauen, um ein rundes Klangerlebnis zu erzielen.
„Anfangs war es gar nicht so einfach, diesen eigenen Rhythmus der Wiener Musik zu erspüren und wiederzugeben“, erzählt Sibylle Finatzer. „Wir hatten ja alle eine klassische Musikausbildung hinter uns und keine Erfahrung damit, wie diese besondere Musik abgesehen vom bloßen Notenabspielen interpretiert werden muss.“ Maßgeblichen Anteil am Erfolg hatte dabei die ungarische Flötistin Anna Toró, die ihre Ausbildung in Wien genoss und mittlerweile in Bozen heimisch ist: „In Wien gibt es zahlreiche ,Damenkapellenʻ, die nach alter Straußscher Tradition zur Unterhaltung der Gäste spielen. Ich habe diese Idee einfach nach Südtirol gebracht.“
Nach 20 Jahren geht das Miteinander der Musikerinnen über das bloße gemeinsame Musizieren weit hinaus: Eine Freundschaft ist entstanden, wie sie wohl nur unter Menschen zustande kommt, die dieselbe Leidenschaft für eine Sache teilen.
„Wir haben so viel zusammen erlebt in all den Jahren, wir sind schon ein lustiger Haufen“, sagt Pianistin Gretl Pohl schmunzelnd. „Zwischen Berufsleben, Familie und anderen Verpflichtungen sind wir immer zusammengeblieben.“ Dabei kann stets auf die Unterstützung der Familie gezählt werden: „Insgesamt zehn Kinder wollen schließlich gut versorgt sein, wenn wir unterwegs sind“, lacht Birgit Winkler. Dem Genre Wiener Tanzmusik ist La Valse stets treu geblieben. Ab und zu wird auch gern ein mitreißender Tango eingestreut. Jedoch ist die aufführungstechnische Vielseitigkeit bemerkenswert: „Wir haben viele klassische Konzerte gespielt, aber auch schon mit Sängern und Chören musiziert, bei Bällen, Hochzeiten, Festakten, Geburtstagsfeiern, Galadinners, Festivals. Das macht es auch so abwechslungsreich,“ sind sich Sylvia Lanz und Giorgia Postinghel einig. Zwischen Innsbruck und der amalfitanischen Küste war La Valse schon unterwegs, sogar eine „Lehrreise“ nach Wien wurde unternommen.
RAI Südtirol hat das Jubiläum zum Anlass genommen, eine TV-Dokumentation über dieses charmante Ensemble zu realisieren. Sie wird im Laufe des Winters im Rahmen des Formats „Musigzeit“ ausgestrahlt. Dann kommt wieder ein Hauch von Wien in unsere Wohnzimmer. [S.F.]
La Valse: Birgit Winkler und Sylvia Lanz (Geigen), Giorgia Postinghel (Cello), Anna Toró (Querflöte), Sibylle Finatzer (Klarinette), Gretl Pohl (Klavier).